Haupinhalt

Mentoringprogramm stärkt Kinder durch Freizeiterlebnisse

8. Juni 2024
Nicht alle Kinder in der Gemeinde Emmen haben aus sozioökonomischen Gründen Zugang zu den vielfältigen Freizeitangeboten in der Umgebung. Mittels Mentoring schafft der Verein Munterwegs neue Möglichkeiten und stärkt die Chancengleichheit, Bildungsgerechtigkeit und Integration junger Menschen in Emmen.

«Das ist der coolste Ausflug, den wir bisher zusammen gemacht haben», verkündet der Emmer Primarschüler Mattias lautstark in der Gondel von Pilatus Kulm zur Krienseregg und schenkt dabei seiner Mentorin Hedwig Würsch ein strahlendes Lachen. Sie sind eines von acht Munterwegs-Paaren, die Ende April 2024 gemeinsam einen Ausflug auf den Pilatus machten.

Munterwegs ist der Verein hinter dem Sozialprojekt, welches sozial schwächere Kinder aus Schweizer Familien oder solchen mit Migrationshintergrund stärkt. Für das Mentoringprogramm werden freiwillige Erwachsene aus allen Generationen und Kinder zwischen 5 und 12 Jahren vermittelt. Durch gemeinsame Aktivitäten mit ihren Mentorinnen und Mentoren erhalten die Kinder Impulse für eine sinnvolle Freizeitgestaltung.



Lernbegleiter und Kulturlotsen
«Wir waren schon auf der Rigi, im Gletschergarten oder im Naturmuseum», blickt die Rentnerin Würsch zurück und erkundigt sich bei Mattias, welche ihrer bisherigen Aktivitäten ihm denn am besten gefallen habe. «Als ich bei den Höllgrotten in den Bach gefallen bin und du mir trockene Socken gekauft hast – das war lustig», amüsiert sich der neugierige Junge und verkündet, dass er gerne scharf isst und deshalb das selbstgemachte Chilli-Popcorn grossartig für ihn gewesen sei.

Während acht Monaten treffen sich die Mentorinnen und Mentoren etwa zweimal im Monat mit ihren Mentee-Kindern. «Wie es für uns beide nach dem Projekt weitergeht, weiss ich noch nicht», erzählt die Emmerin Würsch. «Mein Wunsch ist es, Mattias unsere Kultur etwas näherzubringen und ihm Tipps für die Herausforderungen in der Schule mitzugeben.» Sie könne sich deshalb gut vorstellen, den Kontakt weiterhin aufrecht zu erhalten.

Kinder auf dem Pilatus

Beitrag zur Chancengerechtigkeit
Gleich an jeder Hand jeweils ein Kind hält die Kantischülerin Lena Glanzmann. Ihr Mentee Rachan hat für das Gruppentreffen seine ältere Schwester Solin mitgebracht. Schnell ist klar, dass diese Verantwortung für die junge Frau keine Herausforderung, sondern eine grosse Freude bedeutet.

«Zu Beginn des Programms bin ich von den Verantwortlichen sorgfältig eingeführt worden», ist Glanzmann dankbar. Sie habe zudem von den Coachings und Weiterbildungen während des Programms profitiert. «Hier haben wir die Gelegenheit, uns mit anderen Mentorinnen und Mentoren auszutauschen und Ideen abzuholen, wie wir beispielsweise mit Sprachbarrieren umgehen können.»

Keine Sprachbarriere besteht zwischen Carlo Severini und seinem Mentee Leo. «Ich muss die beiden immer wieder darum bitten, nicht italienisch, sondern deutsch zu sprechen», verrät Carlos Partnerin Sabine Achermann mit einem Augenzwinkern und ergänzt: «Wenn wir Ausflüge mit unseren Töchtern machen, nehmen wir Leo gerne mit.»

Die Familie würde dabei den Fokus bewusst auf Aktivitäten in nächster Nähe legen, damit Leo diese Orte später mit seinen Eltern oder selbständig besuchen kann. «Wir haben ihm schon den Pumptrack, das Hallenbad und die Bibliothek in der Gemeinde Emmen gezeigt», so Carlo Severini. Sie seien regelmässig im Austausch mit Leos Familie und würden Tipps rund um das Leben in der Schweiz weitergeben. «Oft sind es kleine Sachen wie Hinweise, wo Informationen zugänglich sind oder wie hierzulande etwas gehandhabt wird, welche die Integration begünstigen», ist der Mentor überzeugt.

Bereicherung für alle
Als «keinen grossen Aufwand» empfindet auch Lena Glanzmann das Mentoringprogramm, für welches sie sich auf dem Weg zur Matura anstelle eines klassischen Praktikums entschieden hat. «Ich nehme Rachan einfach mit in die Pfadi, wenn ich mit meinen Freundinnen Guetzli backe oder wir im Mooshüsli Schwimmen gehen.»

Dass vom Sozialprojekt nicht nur die Kinder, sondern auch die freiwilligen Erwachsenen profitieren, bestätigt Hedwig Würsch. «Die gemeinsame Zeit mit Mattias ist für mich sehr bereichernd und hält mich vital.» Die 400 Franken, welche ich vom Verein für gemeinsame Aktivitäten erhalte, habe ich zwar bereits aufgebraucht, aber die wenigen zusätzlichen Ausgaben sind es mir allemal wert.»

«Trotz der Vorteile für alle ist die Zahl der Kinder grösser als diejenige der freiwilligen Erwachsenen», weiss Claudia Stucki, Verantwortliche Kinderprogramm Standort Emmen bei Munterwegs. Aktuell könne sie mit Unterstützung von der Gemeinde Emmen, Gönnern und Sponsoren in jedem Jahr zehn Munterwegs-Paare vermitteln. Seit 15 Jahren gibt es das Sozialprojekt in Emmen und im vergangen Jahr wurde der Verein mit dem zweiten Platz des Jugendawards des Kantons Luzern ausgezeichnet.

Mentorin oder Mentor werden?

Infoveranstaltungen in Emmen: 17. Juni 2024 und 21. August 2024 jeweils 20 bis 21 Uhr, Schuldienste Emmen, Gerliswistrasse 21, 6020 Emmenbrücke. Anmeldung und weitere Informationen unter munterwegs.eu.

 

Eine Mentorin mit zwei Kindern.
Mentorin Lena Glanzmann (Mitte) schenkt dem Geschwisterpaar Solin (links) und Rachan (rechts) wie selbstverständlich Zeit und Erfahrung. (Bilder: pbi)