Haupinhalt

Emmens sozialer Wegbereiter sagt auf Wiedersehen

29. Juni 2024
Nach einer bedeutenden politischen Karriere und zwölf Jahren als Sozialdirektor ist es für Thomas Lehman an der Zeit, seinen Platz im Emmer Gemeinderat für jemand Neues frei zu machen. Sowohl die Gemeinde Emmen als auch die Person Thomas Lehmann haben sich während seiner Amtszeit grossen Entwicklungen unterzogen und die Zukunft vor neue Herausforderungen gestellt.

Mit vielfältigen Problemstellungen wurde Thomas Lehmann (FDP) im Jahr 2012 bei seinem Start als Sozialdirektor der Gemeinde Emmen konfrontiert. «Ich hatte mit dem Sozialbereich vorher nichts zu tun und nur eine Vorstellung von dem, was auf mich zukommen würde», erinnert er sich. Der ehemalige Banker, klare wissenschaftliche und relativ starre Formen gewohnt, musste zuallererst die personelle Situation innerhalb des Sozialdepartements regeln und Leitungsfunktionen neu besetzen. Danach hat er seine analytischen Fähigkeiten genutzt und Schritt für Schritt massgeblich zur Veränderung und Entwicklung der Gemeinde Emmen, ihrem Sozialdepartement und den zugehörigen Bereichen während den vergangenen zwölf Jahren beigetragen.

«Man muss die Menschen mögen»
Gemeinsam mit seinen Mitarbeitenden hat Thomas Lehman eine grössere Organisationsentwicklung und Professionalisierung in der Direktion Soziales und Gesellschaft erreicht. Für neue Managementkonzepte und grundlegende Kompetenzverschiebungen braucht es Mut und Vertrauen. «Erst einmal von kleinen Erfolgen und Verbesserungen beeindruckt, war Thomas Lehmann bereit, die Trennung von der strategischen und der operativen Ebene stärker zu akzentuieren», blickt Bruno Schaller, Leiter Departement Soziales, zurück. Er sei überzeugt, dass Thomas Lehmann insbesondere in den letzten fünf Jahren einen modernen und vor allem erfolgreichen Sozialdienst in der Gemeinde Emmen mitbegründet habe. «Sein hilfsbereites und empathisches Wesen liess manche Hürden und Schwierigkeiten menschlicher erscheinen und half, den Mut und die Zuversicht nie aus den Augen zu verlieren.»

Die Empathie sieht Thomas Lehmann selbst als eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Amt als Sozialdirektor. «Man muss die Menschen mögen», so der Finanzexperte, welcher zwischen 2004 und 2012 die Rechnungs- und Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde Emmen präsidierte und vor seiner Wahl in den Gemeinderat während zehn Jahren Mitglied des Emmer Parlaments war. «Im Umgang mit Personen aus dem Sozialbereich verschieben sich die eigenen Wertvorstellungen. Das hat mich nachhaltig geprägt.»   

Thomas Lehmann bei einem Anlass für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde Emmen 2023 (Bild: Gemeinde Emmen)

Finanzexpertise in Sozialdirektion
Seine Kenntnisse aus dem Finanzsektor seien für die Arbeit im Sozialbereich in vielerlei Hinsicht wertvoll und teilweise unabdingbar gewesen. «Der Umgang mit den Kosten aus dem Sozialbereich war insbesondere während der Budgetphase in jedem der zwölf Jahre komplex und von höchster Bedeutung.» So sei das Wissen rund um die Kostenrechnung jüngst bei der organisatorischen Regelung der Pflegefinanzierung und der Überprüfung der Vollkosten von Spitex und Heimen von unschätzbaren Wert gewesen.

Eine weitere Pionierleistung Emmens, welche in die Amtszeit von Lehmann fällt, markiert der Bau des Betagtenzentrums Emmenfeld sowie die Konsolidierung der Emmer Altersheime in die selbständige Form der gemeinnützigen Betagtenzentren Emmen AG.

Offene Tür und offene Ohren
«Viele Personen wissen nicht, was Sozialhilfe genau bedeutet», stellte Lehmann immer wieder fest. So auch jene Einwohnerin, die eines Tages die stets offene Bürotür des Emmer Sozialdirektors nutzte und ihm eine Kiste voller unbezahlter Rechnungen auf den Schreibtisch kippte. «Ich erklärte ihr dann, dass die Sozialhilfe nicht darin besteht, dass wir diese Rechnungen für sie bezahlen, sondern ihr mit verschiedenen Möglichkeiten helfen, damit sie wieder selbst dafür aufkommen kann», so Lehmann, der sowohl bei Einwohnerinnen und Einwohnern als auch bei Mitarbeitenden als guter Zuhörer bekannt ist.

Das Wissen um die Kraft persönlicher Kontakte und Empathie wusste Lehmann denn auch geschickt in seiner strategischen Ausrichtung umzusetzen: Durch den Personalaufbau bei der persönlichen Sozialhilfe können Bedürftige seit einiger Zeit enger begleitet werden, wodurch es der Gemeinde Emmen gelungen ist, rund eine Million Franken einzusparen.

Thomas Lehmann an der GwärÄmme23 (Bild: pbu)

Vorwärts kommen durch Handlungsspielraum
Seit 2013 agiert die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Kreis Emmen als interdisziplinär zusammengesetzte Fachbehörde für die Gemeinden Emmen, Rain, Rothenburg und Neuenkirch. Der FDP-Politiker Lehmann habe sich gegenüber der unabhängigen Schutzbehörde, wie sie vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist, von sachlichen Angelegenheiten stets abgegrenzt und den Mitarbeitenden viel Handlungsspielraum gegeben, resümiert Kurt Felder, Präsident KESB Kreis Emmen. «Mit Thomas Lehmann konnte ich Sitzungen kontrovers führen, ohne dass beim Pausenkaffee etwas von den fachlichen Differenzen nachgeklungen hat», weiss er die professionelle Zusammenarbeit zu schätzen.

Auch den Bereich Berufsbeistandschaft hat Lehmann einer Organisationsanalyse unterzogen und in den Jahren 2016 und 2017 neu ausgestalten lassen. «Mit Thomas als Chef ist es uns gelungen, die Berufsbeistandschaft Emmen nachhaltig zu entwickeln und im Verbund mit den Gemeinden Rothenburg und Rain erfolgreich zu positionieren», so Roland Limacher, Leiter Bereich Berufsbeistandschaft bei der Gemeinde Emmen.

Der Bereich Gesellschaft, zu welchem die Regionale Familien- und Jugendberatung, das Jugendbüro, die Pflegekinderaufsicht, den Verein Tageseltern sowie die frühe Förderung gehören, hat sich in den drei Legislaturen Lehmanns ebenfalls verändert und mit dem gesellschaftlichen Wandel Schritt gehalten. Den grossen Handlungsspielraum, den Lehmann seinen Mitarbeitenden einräumt, weiss Jürgen Feigel, Leiter Bereich Gesellschaft, ebenfalls zu schätzen: «Thomas war immer offen für Neues und hat die Umsetzung guter Ideen befürwortet.» Besonders dankbar sei er für den ermöglichten Auf- und Ausbau der Frühen Förderung Emmen als wirkungsvolle Plattform zur Unterstützung im Familienalltag. Ausserdem sei mit dem Grundlagenbericht der Jugendförderung ein wichtiges Fundament gelegt worden.

«Emmen verändert sich weiter – für mich ist jetzt genug»
Nach mehr als 40 Jahren in Führungspositionen und umgeben von innovativem Pioniergeist sagt der 62-jährige Lehmann: «Irgendwann ist auch mal genug mit Veränderungen.» Er habe sein Amt immer mit Freude ausgeführt. Nun mache er gerne Platz für jemand Neues.

Lehmann freue sich auf seine Pensionierung und viel Zeit mit seiner Frau und den beiden Enkelkindern. Er wolle im eigenen Garten seine handwerklichen Fähigkeiten ausbauen und auf Reisen gehen. Norwegen, Schweden, Finnland, Schottland oder später auch Neuseeland schweben ihm vor. Besonders wohl fühle er sich in der «inoffiziellen Welthauptstadt» London. «Das multikulturelle Zusammenleben in der Heimat der Beatles fasziniert mich seit je her und ist auch immer wieder Inspiration gewesen für meine Vision von Emmen.»

Mit wohlwollendem Blick werde Thomas Lehman die Entwicklung der Gemeinde Emmen als Einwohner und freiwillig Engagierter weiterverfolgen. «Emmen hat sich in den letzten zwölf Jahren in der Ausprägung über die Wohnsituation, aber auch in der Wahrnehmung von aussen sehr stark verändert.» Die Wandlung von der Industriestadt zum innovativen und entwicklungsfreudigen Lieblingsort sei in vollem Gange.

Seinem Nachfolger und Parteikollegen Beat Niederberger wünscht Thomas Lehmann viel Mut, den eigenen Weg zu gehen, und empfiehlt ihm, trotz viel Druck von aussen sich selbst zu bleiben. Gerade im Sozialdepartement seien Intuition und Bauchgefühl Begleiter, die sich bei Entscheidungen für Lehmann immer wieder bewährt hätten. «Ausserdem hoffe ich, dass der zukünftige Sozialdirektor die hohen Fähigkeiten der Mitarbeitenden in allen Teams zu schätzen weiss, gemeinsam mit ihnen die laufenden Projekte zum Erfolg führen und den Weg zur Vision «Pionier Emmen – mein Lieblingsort» mit Freude weitergehen wird.»

Thomas Lehmann
Geht per Ende August 2024 in den wohlverdienten Ruhestand: Emmens Sozialdirektor Thomas Lehmann. (Bild: zvg)