Haupinhalt

Das Gotthardbahn-Modell: Eine Herzensangelegenheit für Emil Galliker

1. Dezember 2024
Die fast schon legendäre Gotthardbahn-Modelleisenbahn kehrt nach jahrelanger Pause ins Verkehrshaus zurück. Unter der Leitung des Emmers Emil Galliker wurde die Modelleisenbahn umfassend restauriert und modernisiert. Ein Einblick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieses einmaligen Projekts.

Die Gotthardbahn gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke der Schweizer Eisenbahngeschichte. Seit über 60 Jahren repräsentiert das Gotthardbahn-Modell im Verkehrshaus diesen Mythos im Miniaturformat. Doch was viele nicht wissen: Seit 2020 war das Modell aus der Ausstellung verschwunden, eingelagert in einer Flugzeughalle in Bleienbach (BE), fernab von neugierigen Blicken. Nun steht es kurz vor seiner Rückkehr – in aufgefrischtem Gewand, mit modernster Technik und erweiterten Streckenabschnitten.

Projektleiter Emil Galliker, Mitglied der Rothenburger Eisenbahn-Modellbaufreunde und alteingesessener Emmer, hat zusammen mit einem engagierten Team von rund 20 Personen in den letzten 14 Monaten unermüdlich daran gearbeitet, das Modell zu restaurieren und zu transformieren. «Das Gotthardbahn-Modell ist mehr als eine Modelleisenbahn», betont Galliker. «Es ist ein Stück Schweizer Geschichte, das wir mit grossem Respekt weiterführen.» Die Fertigstellung des Modells ist für Sommer 2025 geplant, doch schon Ende Oktober 2024 wird das Modell in einer feierlichen Vernissage im Verkehrshaus teilweise enthüllt.

Modell mit historischer Bedeutung
Das Gotthardbahn-Modell wurde zwischen 1957 und 1959 auf einer Fläche von 75 Quadratmetern erbaut, im Auftrag der SBB zur Eröffnung des Verkehrshauses und unter der Regie des Modelleisenbahnclubs Luzern (EMBL). Die Anlage zeigt die wichtige Strecke zwischen Erstfeld und dem Nordportal des Gotthardtunnels und wurde in den ersten Jahrzehnten zur Hauptattraktion des Verkehrshauses. «Als Kind bin ich jedes Mal direkt zur Gotthardbahn gestürmt, um zu sehen, ob die Züge fahren», erinnert sich Galliker an seine frühen Besuche. «Das Modell hat eine Anziehungskraft, die bis heute anhält.»

Mit über 60 Jahren ist das Modell heute eine der ältesten Ausstellungsstücke des Verkehrshauses, das im Laufe der Jahrzehnte immer wieder angepasst und technisch erweitert wurde. Die letzte grosse Veränderung fand 2020 statt, als das Modell für den Abriss der Schienenhalle ausgelagert werden musste - ein Umzug, der nur mit Spezialtransporten und unter immensem Aufwand möglich war, da das Modell über sechs Meter in der Breite und 14 Meter in der Länge misst. «Verkehrsschilder mussten abgebaut werden und man hatte teilweise nur wenige Zentimeter Platz, um das Modell durch die Strassen zu manövrieren», erinnert sich Galliker.

Viele Neuerungen
Emil Galliker und sein Team haben das Gotthardbahn-Modell jedoch nicht nur restauriert, sondern auch einer umfassenden Modernisierung und konzeptionellen Änderungen unterzogen - mitunter ein Grund, weshalb die Restaurierung überhaupt erst möglich wurde. Das einst U-förmige Modell wurde in drei Module aufgeteilt, die nun hintereinander aufgestellt werden – ein massgeblicher Schritt, der nicht nur den Transport erleichtert, sondern auch erlaubt, das Modell von allen Seiten zu betrachten. «Diese neue Anordnung erlaubt es uns, das Modell offener und zugänglicher zu gestalten, sodass die Details von allen Seiten eingesehen und hinter die Kulissen geschaut werden kann», sagt Galliker.

Eines der Highlights der Modernisierung ist die neue digitale Steuerung. Besucherinnen und Besucher werden künftig in einer Schaltzentrale verfolgen können, wie die Züge gesteuert werden und in welchem Abschnitt sie sich befinden. «Wir haben insgesamt sechs Schattenbahnhöfe eingebaut, die bis zu 50 Züge gleichzeitig steuern können», erklärt Galliker stolz. Auch ein Plexiglas-Tunnel wurde installiert, durch den die Züge sichtbar am Publikum vorbeifahren. Die Strecke wurde zudem verlängert – inklusive der Integration des Gotthard-Basistunnels.

Die Restaurierung der Oberleitungen und Brücken stellte das Team vor besondere Herausforderungen. «Viele der Messingteile waren nach Jahrzehnten nicht mehr stabil genug und mussten neu gelötet werden», berichtet Galliker. Auch über 15'000 Meter Kabel und 8500 Bäume wurden erneuert, wobei jedes Detail der Landschaft sorgfältig restauriert oder ersetzt wurde. «Es war eine zeitaufwendige Aufgabe, jedes Detail wiederherzustellen. Von den kleinsten Brücken bis zu den Bäumen – alles musste von Grund auf geprüft und oft erneuert werden.»

Die Arbeiten gehen weiter
Die Arbeit am Gotthardbahn-Modell ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Während die Module bereits fast fertiggestellt sind, stehen bis Sommer 2025 noch umfangreiche Arbeiten an der Verkabelung und Geländegestaltung aus. Emil Galliker ist zuversichtlich, dass das Modell bis zur geplanten Eröffnung der neuen Schienenhalle im Juni 2025 vollständig betriebsbereit sein wird. «Bis Weihnachten sollten wir das erste Mal die gesamte Strecke befahren können», sagt er optimistisch und voller Vorfreude.

Doch die Visionen des Teams gehen noch weiter. Bereits jetzt plant der Emmer eine Erweiterung des Modells: «Wir wollen die Südrampe der alten Gotthardstrecke als zusätzliches Modul integrieren», erklärt er. Zudem träumt er von der Einbindung eines Cargo-Tunnels – einer Idee, die auch im realen Gotthardgebiet diskutiert werden muss, wie er sagt. «Es ist uns wichtig, nicht nur die Vergangenheit zu zeigen, sondern auch aktuelle Entwicklungen in das Modell einzubringen. So bleibt es nicht nur ein historisches Modell, sondern widerspiegelt auch die heutige Realität der Gotthardbahn», erklärt Galliker.

Herzensangelegenheit
Für Emil Galliker ist die Arbeit am Gotthardbahn-Modell mehr als nur ein technisches Projekt. Es ist eine Herzensangelegenheit, die ihn schon seit seiner Kindheit begleitet. «Ich wollte immer Lokführer werden, doch aufgrund einer Farbschwäche war das nicht möglich», erzählt er. «Das Bauen von Modelleisenbahnen war neben meiner Familie mein Ausgleich zur Arbeit.» Seitdem hat Galliker zuhause elf verschiedene Modelleisenbahnanlagen gebaut, «aber das Gotthard-Modell», sagt er, «ist und bleibt die Königsklasse.»

Auch für das 20-köpfige Team der freiwilligen Helfer ist das Projekt eine besondere Herausforderung. «Wir haben bis heute über 10'500 Stunden in die Restaurierung gesteckt. Am Schluss werden es rund 12'000 ehrenamtliche Stunden sein, welche wir in die Gotthardbahn investiert haben», erzählt Galliker. «Es ist beeindruckend, mit welchem Engagement hier gearbeitet wird. Jeder von uns bringt seine eigenen Stärken ein, und am Ende haben wir alle ein gemeinsames Ziel: Dieses Stück Schweizer Geschichte wieder zum Leben zu erwecken.»

Das letzte Stück der Reise
Mit der geplanten Vernissage Ende Oktober 2024 beginnt für das Gotthardbahn-Modell ein neues Kapitel im Verkehrshaus Luzern. Besucherinnen und Besucher können in einer ersten Teileröffnung das Modell bestaunen, einen Blick hinter die Kulissen der aufwendigen Restaurierung werfen und – wie Galliker verrät – sogar selbst einen Teil zur weiteren Gestaltung beitragen. Bis Sommer 2025 soll das Modell dann wieder in seiner vollen Pracht erstrahlen und vollständig fertiggestellt sein.

Für Emil Galliker und sein Team ist die Arbeit am Gotthardbahn-Modell eine Reise, die Tradition und Innovation auf eindrucksvolle Weise vereint. «Wir bringen nicht nur ein Stück Geschichte zurück», sagt Galliker, «sondern schaffen auch etwas Neues, das hoffentlich noch viele Generationen begeistern und in Erinnerung bleiben wird.»

Eisenbahnmodell
Emil Galliker und das Gotthardbahn-Modell, an dem er und sein Team seit Jahren ehrenamtlich mit grossem Engagement arbeiten. (Bilder: msc)