Gemeinde Emmen
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Im schulischen Kontext geht es um die Integration von Kindern und Jugendlichen, die eine Behinderung haben. Bei den Behinderungsformen wird zwischen «kognitive Entwicklung», «Verhalten und sozioemotionale Entwicklung» und «Körper, Motorik und Gesundheit» unterschieden. Gerade verhaltensauffällige Kinder stellen für Lehrpersonen oft eine der grössten Schwierigkeiten im Schulalltag dar und belasten sie stark. Das geht aus einer Umfrage des Luzerner Bildungsdepartements hervor. Die Gründe für auffälliges Verhalten sind vielfältig. Von der Integration bis zur Separation ist es ein langer Weg.
Grundsätzlich wird zwischen Exklusion (Ausschluss/Ausgrenzung), Separation (Trennung), Integration (Eingliederung) und Inklusion (Wertschätzung und Anerkennung von Vielfalt) unterschieden. Die Exklusion von Menschen und im schulischen Kontext von Kindern und Jugendlichen verstösst gegen unsere gesellschaftlichen Werte und Normen, die Separation ist in Verruf geraten, die Integration steckt in einer Sackgasse und die Inklusion ist eine Utopie.
Warum steckt die Integration in einer Sackgasse?
Das Übereinkommen der UNO über die Rechte von Menschen mit Behinderungen wurde von der Schweiz ratifiziert und ist gesetzlich verankert. Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) enthält Vorgaben, die es Menschen mit Behinderungen erleichtern, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das hat zur Folge, dass unser (Schul-)System seit über einer Dekade auf Integration ausgerichtet ist. Integration ist ein Auftrag der Schulen und gehört zu den kantonalen Qualitätsansprüchen der Volksschulen im Kanton Luzern. Die aktuellen Herausforderungen liegen darin, dass es immer mehr verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche gibt, es an (Heil-)Pädagogen mangelt und die Sonderschulen zu wenige Plätze anbieten.
Geht es nach der Leiterin der Dienststelle für Volksschulbildung, muss «die Volksschule lernen, damit [mit verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen] umzugehen». «Üsi Volksschuel» und ihre Lehrpersonen vertreten die Ansätze einer integrativen Pädagogik. Die Kinder und Jugendlichen stehen im Zentrum. Fakt ist aber auch, dass von den Lehrpersonen immer mehr verlangt wird. Es geht an Schulen schon lange nicht mehr nur um die Vermittlung von Wissen. Damit der Unterricht nicht immer mehr zur Nebensache verkommt, schlägt die Volksschule Emmen neue Wege ein. Sei es durch den Einsatz von Zivildienstleistenden, zusätzliche Förderlektionen oder Mentorate. Das alles dient dem Zweck, die Kinder und ihre Eltern sowie die Lehrpersonen zu unterstützen.
An einigen Schulen in Emmen gibt es mittlerweile Schulinseln. Dabei handelt es sich um eine niederschwellige Massnahme. In akuten Situationen können verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche im Sinne einer kurzfristigen Massnahme in den besagten Schulinseln betreut werden. Erfahrungen aus anderen Gemeinden und Schulen lassen darauf hoffen, dass die Schulinseln eine echte Entlastung für alle Beteiligten bedeuten. Mehr dazu ist dem Bericht «Die Riffiginsel: Ein Weg zu individuellem Lernen und Entfalten» zu entnehmen.
Übrigens: Die Primarschule Riffig/Sprengi steht in der Gemeinde Emmen mit der Einführung einer Schulinsel nicht allein da. Andere Schulhäuser kennen das Konzept der Schulinsel ebenfalls. Es gibt kantonale und kommunale Bestrebungen, das Angebot der Schulinseln auszuweiten.
Integration - ein Kommentar |
Es ist eine wunderbare Sache, sich selbst zu belügen. Das eigene Selbstbild kann aufrechterhalten werden und die Auseinandersetzung mit sich selbst fällt weg. Das Bedürfnis nach Selbstschutz kann ebenfalls ein Grund dafür sein, sich selbst zu belügen. Wer nicht Nein sagen kann, lügt besonders oft. Manchmal belügen wir uns auch, um uns zu beruhigen. Das schlechte Gewissen und die Schuldgefühle sollen schliesslich nicht überhandnehmen. Aus psychologischer Sicht steht hinter dem Lügen die Diskrepanz zwischen der Realität und dem eigenen Wunsch. In Sachen integrativer bzw. inklusiver Pädagogik belügen wir uns schon lange selbst. Wir belügen uns selbst, um das Selbstbild einer fortschrittlichen und toleranten Gesellschaft zu bewahren. Wir belügen uns selbst, weil die Realität in den Schulzimmern und der eigene Wunsch nach Wertschätzung und Anerkennung von Diversität nicht mehr miteinander in Einklang zu bringen sind. Wir belügen uns selbst, weil wir uns nicht eingestehen wollen, dass unsere Strukturen trotz aller Anstrengungen immer (noch) nicht auf Integration und Inklusion ausgelegt sind. Damit ist niemandem geholfen. Nicht den erschöpften Lehrpersonen, die in ihrem Berufsalltag durch verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche stark belastet werden. Nicht den Eltern von verhaltensauffälligen Kindern, die oftmals verzweifelt sind, weil sie selbst nicht mehr weiterwissen. Den verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen schon gar nicht, denn ihnen wird eine inklusive Gesellschaft vorgegaukelt, die noch lange keine Realität ist. Integration und Inklusion sind Menschenrechte. Damit diese Rechte eingehalten werden können, braucht es in erster Linie unser Zutun als Gesellschaft. Wir alle können im Alltag einen Beitrag dazu leisten. Nicht zuletzt ist es aber auch eine Frage der zur Verfügung stehenden Ressourcen und Kapazitäten, um die Umwelt den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen anzupassen. Marc Laumann, Koordinator Medien und Informatik Volksschule Emmen |