Haupinhalt

100 Tage Verwaltungsratspräsident der BZE AG: im Gespräch mit Markus Lötscher

28. September 2024
Markus Lötscher wurde am 25. April 2024 zum neuen Verwaltungsratspräsidenten der Betagtenzentren Emmen AG (BZE AG) gewählt. Nach rund 100 Tagen im Amt trafen wir Lötscher zum Gespräch. Für eine Bilanz ist es zu früh, aber über erste Eindrücke und Herausforderungen der neuen Aufgabe weiss der neue Mann an der Spitze zu berichten.

Der aus Zug stammende Markus Lötscher lebt mit seiner Familie seit zwölf Jahren in Emmenbrücke. Er schätzt die Vielfalt der Gemeinde und ist überzeugt: Diversität erweitert den Horizont. Neben seinen beruflichen Mandaten engagiert er sich mit einem Verein für Entwicklungshilfe in Simbabwe und packt auch da tatkräftig an.

Markus Lötscher, wie sind Sie bei der BZE AG angekommen?
Ich glaube, gut. Es macht mir grosse Freude, ein Teil der BZE AG zu sein. Ich bin überzeugt, je besser ich den Alltag und die Herausforderungen der Mitarbeiterinnen und der Bewohner kenne, desto besser werde ich meine Aufgaben in den entsprechenden Gremien erfüllen können.

Wie haben Sie den Arbeitsalltag erlebt?
Im Juli durfte ich mehrere Tage in den verschiedenen Bereichen an den beiden Standorten Betagtenzentrum Alp und Emmenfeld mit den Fachpersonen mitlaufen und mitarbeiten. Ich war tief beeindruckt vom Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie von deren Aufgaben. Wir sprachen über die schönen Seiten ihrer Tätigkeiten, aber auch über die He­rausforderungen im Arbeitsalltag. Ich habe es sehr genossen, staunte über die hohe Professionalität. Es war schön, die vielen engagierten Menschen kennenzulernen.

Welchen Eindruck haben Sie von der BZE AG gewonnen?
Die BZE AG ist eine hervorragende Unternehmung. Der Eindruck, den ich bereits von aussen hatte, hat sich mit dem gewonnenen internen Wissen bestätigt. Die BZE AG hat einen guten Ruf in der Zentral­schweiz und ist auch finanziell gut aufgestellt. In der Vergangenheit wurden viele Entscheidungen richtig getroffen und von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorbildlich umgesetzt. Ein grosses Kompliment an alle Beteiligten, die mitgeholfen haben, das Unternehmen in diese Position zu bringen. 

Wie kam es dazu, dass sie VRP der BZE AG wurden?
Der Gemeinderat von Emmen und der Verwaltungsrat der BZE AG haben vor zwei Jahren eine externe Beurteilung durchgeführt. Die Wahl des Verwaltungsratspräsidenten ab April 2024 fiel auf meine Person. 

Verwaltungsrat der BZE AG (v.l.): Richard Kolly, Dr. phil. Stephanie Becker, Damian Henzi, Iris Wietlisbach, Patrick Schnellmann, Felix Weber, Markus Lötscher. (Bild: Aniela Schafroth)

Was braucht es Ihrer Meinung nach für einen erfolgreichen, zukunftsorientierten Verwaltungsrat?
Der Verwaltungsrat steht in der vollen Verantwortung für das Unternehmen. Um eine Unternehmung wie die BZE AG erfolgreich zu führen, braucht es viele Komponenten. Einerseits müssen die Fachkompetenzen Gesundheit, insbesondere Pflege und Alter, abgebildet sein. Im Fall der BZE AG braucht es Personen mit eigener Erfahrung aus dem Heim- und Pflegebereich sowie aus der Gastronomie und Hotellerie. Andererseits braucht es sehr gute Finanz- und Versicherungskenntnisse. Ebenso wichtig sind Personen mit grossen Netzwerken, besonders zu den politischen Ansprechpersonen und Gremien.

Je breiter und diverser ein Verwaltungsrat aufgestellt ist, desto besser. Aktuell sind wir gut besetzt, müssen aber in Zukunft sicherstellen, dass Personen mit einem grossen Wissen im Gesundheitswesen, mit breiten Branchennetzwerken und viel Erfahrung im Verwaltungsrat Einsitz haben. Entscheidend ist, dass die Verwaltungsräte neben den Kompetenzen auch die Zeit haben, sich voll für die Bedürfnisse der BZE AG einzusetzen.

Wie sehen Sie das Zusammenspiel von VR und operativer Leitung?
Die gute Zusammenarbeit von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung ist wichtig. Es braucht von beiden Seiten einen professionellen Umgang mit viel Respekt und eine gewisse Harmonie. Ein VR-Gremium muss die operative Führung zu Höchstleistungen animieren können. Dazu gehört Wertschätzung. Das tut jedem Menschen gut. Aber auch Schwachstellen offen anzusprechen ist für mich entscheidend. Grundsätzlich braucht es die Einsicht, dass wir anspruchsvolle Ziele nur gemeinsam erreichen können.

Wie sind Sie in der Gesundheitsbranche angekommen?
Spitäler und Heime aus der ganzen Schweiz waren in den letzten 14 Jahren immer wichtige Kunden. Weiter bin ich seit 2023 im Stiftungsrat des Blutspendedienstes Zentralschweiz SRK Luzern. Daher kenne ich die Branche gut. Keine Erfahrung hatte ich in der Pflege. Ich weiss, dass diese das Herz eines Pflegeheims ist, daher werde ich in diesem Bereich noch viel lernen müssen.

Sie waren 14 Jahre CEO bei Pistor, haben bei Mövenpick angefangen, Stationen bei Nestlé und Hiestand säumen Ihren Weg. Zudem haben Sie Verwaltungsratsmandate in der Bauwirtschaft, der Textil- und der Lebensmittelindustrie und im Dienstleistungssektor. Welchen Gewinn für die Diversität des Verwaltungsrates der BZE AG stellt dies dar?
Diversität ist wichtig in einem Verwaltungsrat. Ich freue mich, dass ich mit meinen Erfahrungen aus anderen Branchen helfen kann. Es gibt Herausforderungen, die viele Branchen ähnlich betreffen. Beispielsweise bewegen Themen wie Energiepreisentwicklung, Inflation, Fachkräftemangel oder Cyberkriminalität die meisten Unternehmen in der Schweiz. Da hilft es, Vergleiche ziehen zu können. Zudem kann man Fachverantwortliche von Unternehmen für einen Benchmark vernetzen.

Worin sehen Sie die grossen Herausforderungen der nächsten Jahre?
Die Gesundheitsbranche steht unter enormem Kostendruck. Gleichzeitig steigen die gesellschaftlichen Ansprüche. In der Zukunft müssen Gesundheitsinstitutionen Wege finden, ihre fachlichen Kompetenzen und Dienstleistungen anderen Institutionen zur Verfügung zu stellen. Dadurch profitieren die Anspruchsgruppen und die Kosten werden durch Synergiegewinnung reduziert.

Weiter muss der Verwaltungsrat in den nächsten Jahren erneuert werden. Wir müssen das Know-how und die Persönlichkeiten, die wir in den nächsten zwei Jahren verlieren werden, gleichwertig ersetzen.

Eine weitere Herausforderung sind die anstehenden Investitionsprojekte. In einigen Jahren muss das Haus Mattli (Alp Betagtenzentrum) erneuert werden. Die Bedürfnisse der zukünftigen Bewohnerinnen und Bewohner werden sich von den heutigen unterscheiden. Dies richtig einzuschätzen wird – neben der Finanzierung des Neubaus – eine anspruchsvolle Aufgabe sein.

Die allergrösste Herausforderung erscheint mir aber, den richtigen Umgang mit dem Fachkräftemangel zu finden.

Eine Gruppe junger Menschen vor einem Gebäude.
Die BZE AG heisst 34 neue Lernende herzlich willkommen.

Der Fachkräftemangel hat Auswirkungen bis an die Basis. Wie begegnen Sie der Problematik?
Wir brauchen Antworten darauf, wie wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trotz Fachkräftemangel Sorge tragen können und gleichzeitig die Kosten im Griff halten. Wie können wir ihnen den Respekt zollen, den sie verdienen? Wie können wir diese wunderbaren Berufsbilder weiterhin attraktiv gestalten und fair entlöhnen? Es ist nicht so, dass ich auf diese Fragen bereits die richtigen Antworten hätte. Ich erkenne aber die Herausforderungen und die Intensität der Arbeit in den Pflegeabteilungen. Für die meisten unserer Bewohnerinnen sind die Mitarbeitenden die ersten und wichtigsten Ansprechpersonen überhaupt. Ich habe sehr viel Respekt davor gewonnen. Dies gilt nicht nur für die eigentliche Pflege, sondern für alle Bereiche, die täglich mit unseren Bewohnerinnen und Bewohnern zu tun haben.

Die BZE unternimmt bereits sehr viel, damit sich die Arbeitsbelastung im Rahmen hält (Ausbildung stärken, Ausbildungsplätze erhöhen, neue Arbeits- und Führungs­modelle testen). Der Weg ist aber noch lang. Teilweise wirken die Massnahmen erst langfristig. Andere Ansätze müssen getestet oder verbessert werden. Weitere Anstrengungen werden notwendig sein. Wir tun gut daran, das Problem ernst zu nehmen. Ansonsten wird uns der Fachkräfte­mangel einholen.

Gab es in den letzten 100 Tagen Über­raschungsmomente?
Ja, es gab einige. Schöne Momente und lustige Situationen. Viele Mitarbeiterinnen erkannten mich während meiner Einführungszeit nicht, als ich im grünen Pflege-Shirt daherkam. Da wurde ich gefragt, was ich da genau tue. Bemerkenswert war auch, dass mich eine Bewohnerin für eine Besprechung in ihr Zimmer eingeladen hat. Ich freute mich sehr über diesen Austausch.

Für welche Werte stehen Sie als Mensch ein?
Mir sind Offenheit und Respekt sehr wichtig. Ich mag Menschen, die mir ihre ehrliche Meinung direkt sagen. Ich höre gerne andere Perspektiven, die konstruktiv zur Pro­blemlösung beitragen. Initiativen Menschen, die unternehmerisch denken, gehört meine Bewunderung. Ich bin auch davon überzeugt, dass man seine Arbeit gerne haben muss und sich selber nicht zu wichtig nehmen sollte. Wenn es keinen Spass macht, muss man etwas ändern. Daher sollte man im Arbeitsalltag auch zusammen lachen können, mir passiert dies oft.

Zwei Männer in einer Küche.
Markus Lötscher (links), Verwaltungsratspräsident der BZE AG, mit Ralf Hermann, Co-Leitung Team Verpflegungsservice, in der Küche des Emmenfeld Betagenzentrums. (Bild: Linus Heller, Lernender Media­matiker BZE AG)