Haupinhalt

Das G1 – ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen

28. November 2024
Die Schülerschaft des Gersag 1 ist ein Abbild der Emmer Bevölkerung. Sie ist multikulturell und vielfältig. Neben vielen Lernenden mit Schweizer Wurzeln gehen auch zahlreiche Schülerinnen und Schüler im Gersag ein und aus, welche ihre Wurzeln in anderen Kulturen haben. Dies ist Herausforderung und Chance zugleich.

In Emmen leben Menschen aus über 100 Ethnien. Dies zeigt sich nicht nur auf den Strassen Emmens, sondern auch in den Schulen. Vor allem das Gersag ist durch die unterschiedlich geprägten Einzugsgebiete ein Schulhaus, in welchem dies sehr ausgeprägt wahrnehmbar ist. Rund 45 Prozent der Schülerinnen und Schüler haben die Schweizer Staatsbürgerschaft, wobei auch davon einige Familie in anderen Ländern haben. Von den oben erwähnten 100 Ethnien sind rund ein Drittel auch im Schulhaus Gersag 1 präsent. 

Die unterschiedlichen Wurzeln der G1-Lernenden fördern den Blick auf andere Kulturen, und das gemeinsame Lernen zeigt den Jugendlichen, dass ein friedliches Miteinander gut möglich ist, auch wenn die Hintergründe der Einzelnen noch so vielseitig sind. Andere Länder und Kulturen kennen zu lernen ist viel einfacher, wenn man direkt damit konfrontiert ist. Dies fördert Toleranz und Wertschätzung füreinander.

Kulturen treffen aufeinander
Unterschiedliche Herkunft birgt sicher auch Herausforderungen. Die Lernenden kommen mit sehr verschiedenen Wertvorstellungen, Religionen, Herkunftsgeschichten und Weltbildern in die Klassen. Es ist nicht immer ganz einfach zu verstehen, wie das Weltbild der Mitschülerin neben einem geprägt wurde.

Ein weiterer herausfordernder Faktor ist die Sprache. Die 244 Lernenden im G1 sprechen 21 verschiedene Muttersprachen. Natürlich ist Deutsch die Unterrichtssprache. Dass Deutsch jedoch für viele eine Herausforderung ist, liegt auf der Hand. So ist es nicht immer einfach, Sachverhalte auf Deutsch verständlich zu machen, wenn es für die Lernenden in einer anderen Sprache eigentlich einfacher wäre.

Unterrichtsinhalte oder auch Alltagsthemen können aber nicht in Sprachen wie Tibetisch oder Farsi besprochen werden. Dies verlangt von den Lehrpersonen und vor allem von den vielen fremdsprachigen Lernenden, dass sie gut aufeinander eingehen können. Dass dies gelingt, wird im G1 viel Wert auf den kulturellen Austausch gelegt.

Multikulturalität im Porträt
Die drei Schülerinnen Alba, Sarah und Ismeta (Namen geändert) besuchen die gleiche Klasse. Ihre Geschichten wiederum könnten kaum unterschiedlicher sein. Alba ist Schweizerin, hat jedoch einen spanischen Namen und Wurzeln in Argentinien, Brasilien, Paraguay und Italien. Zu Hause spricht sie Spanisch. Ihre Eltern sind gläubige Katholiken und auch sie glaubt an einen christlichen Gott. Ihr grosses Hobby ist Tanzen. Sie besucht einmal wöchentlich einen HipHop-Tanzkurs, mag aber auch lateinamerikanische Tänze wie Salsa.

Sarah hingegen wurde in der Nachbargemeinde Eschenbach geboren und ist eher ländlich mit vielen Haustieren aufgewachsen. Heute lebt sie in einer grosszügigen Eigentumswohnung mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder. Sie hat keine Verwandte in anderen Ländern und verbringt ihre Sommerferien häufig auf einem Camping in Italien. Sie reitet, klettert gerne und spielt Saxophon. Zu Hause spricht sie Schweizerdeutsch. Ihre Eltern sind konfessionslos und Sarah war kaum jemals in einer Kirche.

Neben Sarah und Alba sitzt Ismeta. Sie ist Bosnierin, lebt mit fünf Geschwistern in einer 3.5-Zimmer-Wohnung und spricht zu Hause nur Bosnisch. Sie ist zwar in der Schweiz geboren, ihre Eltern waren aber Kriegsflüchtlinge und sprechen nur gebrochen Deutsch. An Elterngesprächen braucht es jeweils eine Dolmetscherin. Ihre Vergangenheit im Balkankrieg ist für sie auch heute noch spürbar. Ismeta geht mindestens einmal die Woche in die Moschee, fastet im Ramadan und lernt am Samstag Arabisch. Ihre Sommerferien verbringt sie die ganzen sechs Wochen bei ihrer Familie in einem kleinen bosnischen Dorf.

Umgang mit Vielfalt im G1
Die drei Porträts verdeutlichen die Diversität. Dies kann im Schulalltag nicht ignoriert werden. Es ist wichtig, die Kinder in ihrer Lebenswelt abzuholen. Dies ist eine grosse Aufgabe, welcher das G1 mit verschiedenen Herangehensweisen versucht gerecht zu werden. So steht im Leitbild der Schule: «Wir bilden eine Gemeinschaft von verschiedenen Menschen aus verschiedenen Kulturen mit verschiedenen Religionen. Wir begegnen einander mit Offenheit und Respekt. Wir fördern das Miteinander durch Gemeinschaftsanlässe.» Doch wie sieht dies in der Praxis eigentlich aus?

Viele Lernende sprechen eine oder sogar zwei Fremdsprachen und müssen daneben Deutsch, Englisch und Französisch lernen. Im Unterricht wird versucht, auf die sprachlichen Ressourcen einzugehen. So wird im Französischunterricht nicht nur Französisch gesprochen, sondern Französisch wird mit den Muttersprachen verglichen und es werden Brücken geschlagen. Mehrsprachigkeit wird möglichst gewinnbringend in den Unterricht integriert. Die Eltern haben die Möglichkeit, alle Elterninformationen in der Elternapp «Klapp» in ihre Muttersprache übersetzen zu lassen – moderne Technik macht es möglich.

Wichtig ist im G1 aber vor allem das friedliche Miteinander. Dies wird mit verschiedenen Projekten versucht zu stärken. Dazu gibt es unter anderem den G1-Rat – ein Gremium der Schülerschaft, welches Ideen aus den Klassen aufgreift und Projekte organisiert.

Bei diesen Ideen wird das Bedürfnis, Multikulturalität zu zeigen, deutlich. So wurde zum Beispiel der Ländertag ins Leben gerufen. An diesem Tag zeigen die Jugendlichen ihre Nationalität. Sie schmücken sich mit Flaggen, tragen Sporttrikots oder sogar Trachten und das Schulhaus wird mit Fahnen dekoriert.

Ein zweites Projekt war im letzten Schuljahr erstmals das Feiern des Bajram – dem Schlussfest des muslimischen Ramadans. Neben der Weihnachtsdeko oder der Osternestchensuche wird also auch eine andere präsente Religion im G1 aufgegriffen. Die muslimischen Schülerinnen und Schüler bringen Köstlichkeiten mit, welche traditionell zu Bajram gegessen werden. Diese werden in der grossen Pause auf einem Buffet aufgestellt und alle dürfen kosten. Dies schärft das Verständnis für andere Weltreligionen.

In der dritten Sek werden im Rahmen der Spezialwoche vor den Herbstferien jeweils verschiedene Workshops angeboten. Die Schülerinnen und Schüler der dritten Sek können sich nach Interesse dafür anmelden. Sehr beliebt ist vor allem der Workshop zum Thema Religionsvielfalt.

In den einzelnen Klassen werden ebenfalls Projekte realisiert. So zum Beispiel ein Besuch im Haus der Religionen, Brieffreundschaften mit anderen Sprachregionen oder Ausflüge, die den Zusammenhalt stärken.

Die Multikulturalität wird im Schulhaus auch visualisiert. So begrüsst ein Plakat die Lernenden in allen möglichen Sprachen oder es werden Weltkarten im Klassenzimmer aufgehängt, wo die unterschiedlichen Wurzeln der Schülerinnen und Schüler «gepinnt» werden.

Diese Wurzeln werden auch an der Abschlussfeier der dritten Sek sichtbar. Lernende und Eltern bringen verschiedene Spezialitäten mit – ein multikultureller Schmaus!

Neu aus dem Ausland zugezogene Kinder besuchen das Zentrum Integration, welches ebenfalls im Gersag angesiedelt ist. Die Schülerinnen und Schüler werden hier auf die Einschulung in der Regelklasse vorbereitet. Ihnen werden über mehrere Monate die Schulstrukturen vertraut gemacht, Akzeptanz und Toleranz werden gefördert und sie erhalten intensiven Deutschunterricht. Dabei sind sie in den ersten Monaten im Zentrum Integration. Sind die Lernenden dann in der Regelklasse, besuchen sie weiterhin DAZ-Lektionen (Deutsch als Zweitsprache). Diese werden dann laufend weniger, bis die Deutschkenntnisse ausreichend sind, um dem Regelunterricht gut folgen zu können.

Multikulti – auch unter den Lehrpersonen
Neben der bunt durchmischten Schülerschaft ist auch das Lehrpersonenteam sehr multikulturell. Die G1-Lehrpersonen haben unter anderem Wurzeln in Italien, Albanien, Griechenland, England oder Österreich, aber auch in verschiedenen Ecken der Schweiz. So sind alle Lehrpersonen Teil dieses multikulturellen Schmelztiegels und tragen in ihrer täglichen Arbeit vieles zu einer gelungenen multikulturellen Gemeinschaft bei.

Namen in verschiedenen Sprachen
«Andere Länder und Kulturen kennen zu lernen ist viel einfacher, wenn man direkt damit konfrontiert ist.» (Bild: zvg)